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Beschlagnahme medizinischen, pflegerischen oder sanitären Materials zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie

Um die Handlungsfähigkeit des Gesundheitssystems im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) kurzfristig erhöhen zu können und insbesondere im Hinblick auf eine personelle Kompensation bei Ausfall ober Überlastung bzw. materialtechnischen Engpässen zu gewährleisten, hat der bayerische Landtag in seiner 43. Plenarsitzung vom 25.03.2020 ein bayerisches Landesinfektionsschutzgesetz (BayIfSG) erlassen. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayIfSG kann die zuständige Behörde bei jedermann medizinisches, pflegerisches oder sanitäres Material beschlagnahmen, soweit dies zur Aufrechterhaltung der notwendigen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich ist. Auf dieser Grundlage ist es in den letzten Tagen bereits vorgekommen, dass auch Pflegedienste durch die zuständige Katastrophenschutzbehörde dazu aufgefordert worden sind, mitzuteilen, in welchem Umfang Beatmungs- und Ersatzbeatmungsgeräte insbesondere in ambulant betreuten Wohngemeinschaften vorhanden sind bzw. vorgehalten werden. Vereinzelt ist es auch bereits zu Beschlagnahmungen von Geräten gekommen.

Aus gegebenem Anlass ist daher anzuraten, die behördlichen Anfragen in jedem Fall ordnungsgemäßzu beantworten und insbesondere mitzuteilen, wie sich die individuelle Beatmungssituation in der jeweiligen Wohngemeinschaft darstellt. Zur Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs und um sowohl das Leben als auch die Gesundheit der Patienten nicht zu gefährden, ist gerade bei dauerbeatmeten Patienten aus medizinischen Gründen zwingend ein Ersatzgerät vorzuhalten. Eine Beschlagnahme solcher Geräte ist daher stets (grund-) rechtswidrig. Doch auch in den übrigen Fällen, das heißt wenn keine Dauerbeatmung erforderlich ist, kann nicht gänzlich auf (Ersatz-) Beatmungsgeräte verzichtet werden. Es ist in jedem Fall eine angemessene Anzahl für den Fall des Ausfalls eines oder mehrerer Geräte in der Wohngemeinschaft zu belassen. Anderenfalls droht auch hier eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Pflegebetriebs. Wie viele Geräte im Einzelfall in der Wohngemeinschaft vorgehalten bleiben müssen, hängt freilich davon ab, wie viele Patienten in der Wohngemeinschaft versorgt werden und wie viele dieser Patienten dauerbeatmet sind. Bei einer Beschlagnahme eines oder mehrerer Geräte dürfte es sich daher regelmäßig um eine gerichtlichnachprüfbaren-Ermessensentscheidung der Behörde handeln. Insbesondere kann einer Herausgabe nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei den Geräten um das Eigentum Dritter, in der Regelder Krankenkassen, handelt.

Im Falle einer Beschlagnahme ist daher wie folgt vorzugehen:

  1. Der Zutritt zur Wohngemeinschaft ist – unabhängig vom Hausrecht – aufgrund des Notstandscharakters nicht zu verweigern.
  2. Informieren Sie sofort die verantwortliche Pflegefachkraft vor Ort (z. B. Teamleitung, PDL).
  3. Bitten Sie den oder die verantwortlichen Behördenmitarbeiter sich ordnungsgemäß auszuweisen. Notieren Sie sich ggfls. Namen und Ausweisnummer.
  4. Lassen Sie sich die Beschlagnahme (Grund, Dauer, Anzahl der Geräte usw.) erläutern und weisen Sie ggfls. nochmals auf besondere Beatmungssituationen hin.
  5. Da Sie die Beschlagnahme im Zweifel nicht werden verhindern können, dokumentieren Sie diese in jedem Fall in dem anliegenden Beschlagnahme-Protokoll und lassen Sie sich diese durchUnterschrift des verantwortlichen Behördenmitarbeiters bestätigen.
  6. Informieren Sie unverzüglich die Angehörigen bzw. Betreuer/Bevollmächtigten der betroffenen Patienten von der Beschlagnahme und wirken Sie ggfls. vorsorglich auf die Beantragung eines (weiteren) Ersatzgerätes bei der jeweiligen Krankenkasse.
  7. Benachrichtigen Sie uns unverzüglich von einer Beschlagnahme, um im Einzelfall prüfen zu können, ob eine Gefährdung des Pflegebetriebs vorliegt. Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die durch das BayIfSG normierten weitreichenden Befugnisse die Herausgabe von (Ersatz-) Beatmungsgeräten – soweit sie nicht zur Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs in einer Wohngemeinschaft zwingend erforderlich sind – rechtfertigen. Ob eine Herausgabe gerechtfertigt ist, kann im Einzelfall gerichtlich (Eilrechtsschutz) geprüft werden. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Bundesländer nach dem Vorbild Bayerns eigene Landesinfektionsschutzgesetze zur Eindämmung des Corona-Virus erlassen. Jedenfalls das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu bereits einen Gesetzentwurf eingebracht, der im Falle einer Epidemie von landesweiter Tragweite die Beschlagnahme verfügbaren Materials und medizinischer Geräte vorsieht (LTDrs. NRW 17/8920). Denkbar wäre auch eine (weitere) Änderung des IfSG auf Bundesebene zum Zwecke einer landeseinheitlichen Regelung.

© 2020  Björn Markink Rechtsanwalt

Mit freundlicher Genehmigung von  MH Rechtsanwälte – Massener Str. 1 ∙ 59423 Unna

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